Es ist nichts großartiges, nur der Anfang einer Geschichte :) Einfach so sagen wie ihr's findet, das würd mir schon reichen. Ich weiß es dauert etwas, bis man es durchgelesen hat ... trotzdem wär's super ;)
Eine Sache noch: tut mir Leid, dass das total komisch formatiert ist :/ Ich weiß auch nicht woher das kommt, aber Blogspot.com ist ein bisschen doof!
Das Buch der Wunder (keine Ahnung, warum der erste Kapitel keinen Namen hat!)
Seit dem Tod ihrer Mutter vor 9 Monaten war Nova Morse nicht mehr das Mädchen, das sie mal war. Ihr Leben hatte sich von Grund auf verändert. Es war ihre Mutter, die das Geld für die Familie verdient hat, ihr Vater arbeitete als Computerfachmann in einer alten Firma, von der fast niemand mehr etwas wissen wollte. Die Firma war dafür zuständig den Leuten zu helfen, falls ihr Computer mal nicht mehr funktionierte oder er sogar repariert werden musste, aber die Familie wohnte auf dem Land, die nächste Großstadt war mehr als 30 Kilometer entfernt, wie oft würden bei geschätzten 2000 Einwohnern schon Computer kaputt gehen? Die Hälfte der Einwohner hatte nicht mal einen Computer, geschweigedenn einen Laptop. Und dabei war Novas Vater wirklich begabt was das Anging. Doch das Einkommen wurde danach berechnet wie oft sie zum Einsatz kamen, wie viel Umsatz sie machten, und das war so gut wie gar nichts. Steve Morse war außerdem Künstler. Seit seiner Jugend war er ein begnadeter Maler, auf Ölmalerei hatte er sich spezialisiert. Steve malte alles. Ob es Stillleben waren, Portraits oder einfach nur verschiedene Klekse die ineinander zusammen liefen ... Steve malte es und versuchte dann es unter die Leute zu bringen, aber auch damit hatte er keinen Erfolg. So was Rose Morse dafür zuständig, dass die Familie sich über Wasser halten konnte, sie nahm jeden Morgen die fast 30 Kilometer Fahrtweg auf sich um ihren Job in Oxford zu erreichen, Rose war Anwältin und hatte oft zu tun, die meisten ihrer Fälle verliefen sogar positiv, was aber natürlich nicht ihr Verdienst war sondern meist der ihrer Mandanten, die unschuldig waren und zu Unrecht angeklagt wurden, womit Rose nichts zu tun hatte! Trotzdem bekam sie einen monatlichen Gehalt der höher war als der von Steves Jobs zusammen, aber wenn sie jemand fragte ob sie nicht in die Stadt ziehen wollte um näher bei der Arbeit zu sein sagte sie nur, dass das ihrem Lebensstil nicht entspräche. Für Rose war es in der kleinen Ortschaft besser als irgendwo anders, dort kannte sie jeden – und jeder kannte Rose. Die wunderschöne Rose Morse, die Tochter des Müllers, die berühmte Rose ... und dann war sie tot und niemand sprach mehr über sie. Das war das größte Problem für Nova. Alle hatten ihre Mutter als die tollste Frau des Dorfes gehändelt, niemand hatte je schlecht über sie geredet, bis zu ihrem Tod – danach hat man gar nicht mehr über sie geredet.
Wie jeden Tag an dem sie eigentlich in der Schule sein sollte saß Nova auch an diesem Tag wieder vor dem Grabstein ihrer Mutter. Er war nicht groß, die Schrift nicht prunkvoll aber für Rose war es völlig ausreichend, genauso wie sie es sich gewünscht hätte, hätte sie die Wahl gehabt. Nova war seit einer längeren Zeit nicht in der Schule gewesen. Zwei Wochen nach ihrem Tod hatte niemand mehr Rücksicht darauf genommen, dass ihre Mutter gestorben war und ihre Gefühle sich drehten. Aber der Unterricht ging weiter und ihre Freuned taten so als wäre das ganze schon zwei Jahre her, und nicht zwei Wochen und das tat Nova weh! Deshalb hatte sie sich vor ein paar Wochen dazu entschlossen nicht mehr zur Schule zu gehen und lieber mit ihrer Mutter zu lernen, an dem Ort wo sie sich am besten konzentrieren konnte. Ihre Lehrerin hatte zuerst gedacht, dass Nova vielleicht zu Hause geblieben ist, weil sie den Tod noch nicht verkraftet hatte und der Vater mit ihr eine Therapie machen wollte, aber als sie nach acht Wochen immernoch nicht wieder da war und auch Steve Morse nichts von sich hatte hören lassen um über Nova zu berichten war Mrs Hartley eines Abends vor der Haustür der Morse' gestanden um zu fragen, was los sei. Nova erklärte ihr und Steve alles was sie bedrückte, aber für die Lehrerin war das unverständlich. Sie meinte, dass sie ihre Mutter auch früh verloren hätte – und für sie wäre das bei weitem nicht so schlimm gewesen, dass sie auch so spät danach die Schule geschwänzt hätte um ihre Mutter auf dem Friedhof zu besuchen. Für Steve blieb nichts anderes übrig als der Lehrerin zuzustimmen, auch wenn ihm bewusst war, wie sehr Nova litt, er wollte es für sie nicht noch schwerer machen als es ohnehin schon war und sich bei der Lehrerin schlecht reden. „Montag kommt sie wieder zur Schule!“, war sein letzter Satz gewesen bevor Mrs Hartley das Haus verließ ... aber das stimmte nicht. Nova saß, mit ihrem Mathebuch auf dem Schoß, den Bleistift in der Hand und einen Taschenrechner neben sich auf einem Stein liegend, vor dem Grab auf dem Rasen und rechnete laut, sodass ihre Mutter alles hören konnte und bemerkte, dass sie auch allein lernen konnte. Der Friedhofsgärtner, Mr Gong, beobachtete sie jeden Tag, aber nie hatte er jemandem davon erzählt und das schätzte Nova an ihm. Er war sehr loyal und mischte sich nicht in Themen ein die ihn nichts angingen. Stattdessen ging er nur an Nova vorbei und grüßte sie kurz, während sie tief beschäftigt war die Lektüre zu lesen, die sie bis zum Ende des Schuljahres aufbekommen hatten, auch wenn es nicht mehr viele Wochen waren, bis die großen Ferien vor der Tür standen. Genau genommen waren es nur noch 4 Tage, denn am Freitag würde das letzte Mal die Schulglocke leuten, die gut hörbar für Nova war. Der Friedhof lag nur eine Straße weiter als die Schule. Zum Morgengong packte Nova die Bücher, ihre Hefte und das Etui aus und breitete alles vor dem Grab aus, den Stundenplan immer vor Augen, sodass sie genau wusste, was als nächstes dran war. Der genaue Unterrichtsstoff war ihr natürlich fremd, wenn Zettel verteilt wurden hatte sie die Zettel nicht, aber ihre Mutter sagte nie etwas dagegen – für Nova war es nicht wichtig, ob sie tot war oder nicht. Sie wusste, dass sie sich melden würde, wenn ihr etwas nicht passte.
Als sie an einem Abend nach Hause kam saß der Vater schon am Tisch und hatte das Abendbrot fertig. Nova legte die Schultasche im Flur auf den Boden, die Schuhe legte sie neben die ihres Vaters, dann ging sie in die Küche und ließ sich am Tisch nieder. Sie redete kaum noch mit ihrem Vater, seit er sie im Stich gelassen hatte. Für Nova fühlte es sich an, als würde er seine Frau gar nicht vermissen.
Es roch nach Spiegeleiern, Novas Lieblingsessen. Hatte das etwas zu bedeuten?
„Hier, nimm reichlich.“, sagte Steve und schob Nova gleich drei Spiegeleier auf den Teller. Dann setzte er sich hin und betrachtete sie, wie sie die Spiegeleier erst durchschnitt und dann Stück für Stück in sich hineinschob. „Und, wie war dein Tag?“
„Gut.“, antwortete Nova nur und erwiderte den selben Blick den Steve in den Augen hatte. „Warum fragst du? Es interessiert dich doch sonst nie.“
Steve seufzte.
„Ich muss dir etwas erzählen.“, platzte es dann aus ihm heraus. Nova verschluckte sich fast.
„Worum geht’s?“
„Du kennst doch Norman, oder?“
„Den Dicken?“
„Ja, genau den Norman. Von der Arbeit.“
„Was soll mit ihm sein?“, fragte Nova und richtete den Blick wieder auf ihre Spiegeleier.
„Sie haben Norman und mir einen neuen Job angeboten. In Oxford. Ist das nicht toll?“
Einen Moment lang glaubte Nova, sich verhört zu haben ... dann fiel ihr die Gabel aus der Hand und schlug auf dem Teller auf, sodass dem klirrend eine kleine Ecke abbrach.
„Was soll das heißen sie haben euch einen neuen Job angeboten, in Oxford? Das ist fast 30 Minuten von hier entfernt, wie soll ich denn da noch zur Schule gehen? Was für einen Job? Wir können doch nicht hier weg.“
„Warum nicht? Nova, das ist alles was ich mir schon immer vorgestellt habe. Die Universität von Oxford will mich! Sie haben gesagt, dass unsere Arbeit für dieses kleine Dorf viel zu gut ist, Norman und ich sollen als Programmierer für die Unversität arbeiten, die neuen Programme entferfen, wofür auch immer. Das ist genau das, was ich will. So viel Geld habe ich noch nie bekommen wie die mir anbieten. Es würde sich alles verändern, zum Besseren. Ich kriege mehr Geld, wir ziehen um und können ganz neu anfangen. Sogar für dich haben sie schon etwas gefunden, eine Schule ungefähr 3 Kilometer außerhalb von Oxford, ruhig gelegen und nur für Mädchen. Da findest du dich bestimmt gut zurecht und kannst neue Freunde finden, deine alten hast du ja jetzt eh nicht mehr oft gesehen, so viel wie du in der Schule gefehlt hast.“, erklärte Steve und atmete schnell, weil ihm wähernd des Redens die Puste ausgegangen war. „Was meinst du?“
„Ist das dein Ernst?“
„Natürlich ... warum sollte es nicht so sein?“
„Weißt du, was das bedeutet? Das bedeutet, dass Mom hier ganz alleine ist! Niemand ist mehr für sie da! Sie hat gar keinen mehr der sie jeden Tag besucht und mit ihr spricht! Sie wird den ganzen Tag allein sein und sich langweilen und irgendwann hasst sie uns, weil wir nicht für sie da waren!“, rief Nova empört und stand so schnell auf, dass der Stuhl nach hinten kippte und auf dem Holzboden aufschlug. „Ich will nicht umziehen und auf eine neue Schule gehen! Ich habe nur noch zwei Jahre, die kann ich doch auf der alten Schule machen.“
„Du warst doch nicht mal mehr auf der Schule! Du bist doch nie hingegangen wegen dem Unfug mit deiner Mutter! Ich vermisse sie genauso wie du, aber wir können uns das Strafgeld, das wir bezahlen müssen wenn du weiterhin schwänzt, nicht leisten! Außerdem müsstest du jeden Morgen fast eine Stunde mit dem Bus fahren, weil der über alle Dörfer im Umkreis fährt ... willst du das? Willst du das wirklich? Früh aufstehen, anstatt bis um halb acht ausschlafen zu können um dann gemeinsam mit allen Mädchen zum Frühstück gehen zu können, gemeinsam zum Unterricht und gemeinsam zu dem Nachmittagsprogramm?“
„Ich will mit niemandem irgendwo hin gehen! Ich will bei Mom bleiben.“
Mit dem Satz stampfte Nova aus der Küche, die Treppen hinauf, sodass alles knackte und in ihr Zimmer. Steve legte das Besteck auf Novas Teller, schmiss die Eier in den Mülleimer und legte dann alles ins Spülbecken um es zu reinigen. Für ihn stand der Entschluss fest, und für Nova war klar, dass sie nichts mehr daran ändern konnte. Auf ihrem Zimmer nahm sie das Bild ihrer Mutter in die Hand und betrachtete es eine Weile, dann legte sie den Kopf auf die Kissen und ließ die Tränen laufen, bis sie einschlief, immernoch das Bild ihrer Mutter in der Hand. Am nächsten Morgen weckte ihr Vater sie, aber nicht um sie zur Schule zu schicken, sondern um mit ihr nach Oxford zu fahren. Nova sah ihn missmutig an, und zog sich die Sachen an die Steve ihr rausgelegt hatte, dann ging sie ins Bad um sich fertig zu machen. Auch wenn sie es nicht unterstützte, dass ihr Vater sie von ihrer Mutter trennen wollte, so hatte sie doch das starke Bedürfniss bei der neuen Schule einen guten Eindruck zu hinterlassen, sodass gleich alle merkten, dass sie nicht leicht unterzukriegen war und sie sehr wohl auf die Schule gehen konnte, weil ihr Vater kein armer Mann mehr war sondern jetzt für eine der besten Universitäten der Welt arbeitete!
Nach und nach fand sie sich mit dem Gedanken ab, auch wenn das Sommerzeugnis nicht gut war nahm die Schule sie trotzdem auf, es waren nur die Prüfungen die zählten, kein vorheriges Zeugnis.
Jeden Tag der Sommerferien verbrachte Nova mit ihrer Mutter, es ging ihr gut und sie fühlte sich frei. Steve arbeitete nicht mehr für die Firma, stattdessen machte er sich schonmal mit der neuen Arbeit bekannt, hatte seine ersten, wenn auch nur halben, Tage und ihm gefiel die Arbeit, auch wenn der Weg von Oxford zurück jeden Tag stressigiger wurde, aber es sollte nur noch für ein paar Wochen ein, dann zogen sie endgültig nach Oxford und Nova hatte sich damit abgefunden.
Im September, drei Tage bevor Schulanfang, war es so weit. Die Koffer waren gepackt und sie hatten sich von all den Menschen verabschiedet, mit denen sie so viele Jahre lang Tür an Tür gelebt hatten und Nova und Steve machten sich auf den Weg nach Oxford, gefolgt von Möbeltransportern. Der Weg war nicht lang, trotzdem brauchte es sie mehr als eine Stunde bis sie endlich in Oxford ankamen. Die Stadt war alt und hatte etwas besonderes an sich, Nova wusste nur noch nicht was.
Ihr Haus lag nur ein paar Fußschritte von der Innenstadt entfernt, vielleicht fünf Minuten, wenn man schnell ging. Es war groß, war stark vom viktorianischen geprägt und war viel größer als alles, was Nova jemals gesehen hatte. An den Fenstern rankte Efeu, zwei Büsche rechts und links neben einem großen Metalltor deuteten den Eingang an und vor dem Haus war ein großer Parkplatz, das Gelände musste riesig sein, aber davon würde Nova nicht viel haben, ihr Vater hatte sie auf dem Internat geparkt und sie würden sich nur am Wochenende sehen, wenn es überhaupt dazu kommen sollte, Steve musste auch am Samstag arbeiten, aber so glücklich war er nicht mehr gewesen seit dem Tod der Mutter und tatsächlich gefiel Nova die Umstellung. Oxford war, im Vergleich zu dem Dorf, riesig, bei der Anfahrt hatte sie schon endlose Geschäfte gesehen, Cafés und die Geschäfte aus denen Novas Mutter ihr schonmal etwas zum Anziehen mitgebracht hatte, wenn ihre Arbeit früher geendet hatte als gedacht.
Während Nova die Koffer in ihrem großen Zimmer auspackte waren die Möbelpacker schwer damit beschäftigt alles so hinzustellen wie Steve es haben wollte, und auch Norman war da um zu helfen. Norman. Der Kerl, der ihren Vater dazu gebracht hatte umzuziehen. Aber vielleicht sollte sie ihm dankbar sein? Die Entscheidung war noch nicht ganz gefallen.
„Nova, komm runter!“, rief Steve plötzlich von unten. Nova stand auf, ließ die Sachen auf dem Boden liegen und ging die Treppen hinunter in die zukünftige Küche. In dem Raum standen zwei Männer in Anzügen, Norman und Steve. „Das sind Mr Peech und Mr Wulfric, meine Chefs. Sag hallo.“
„Guten Tag.“, sagte Nova, aber sie gab ihnen nicht die Hand, Anzugträger waren ihr noch nie geheuer. Norman hatte auch einen Anzug an, sein Doppelkinn kam dadurch noch besser zur Geltung, er hatte die Krawatte etwas zu fest gebunden, es sah so aus als würde sein fetter Kopf bald platzen, so rot war er, aber das schien ihn nicht zu stören. Oder vielleicht hatte er auch einfach versucht das Fett mit der Krawatte abzuschnüren? In Novas Kopf schwirrten viele Ideen umher, aber keine davon blieb lang oder schien plausibel.
„Du bist Nova, richtig?“; fragte dann einer der Männer, den ihr Vater mit Mr Wulfric angesprochen hatte. Er sah nett aus, hatte ein paar graue Strähnen zwischen den dichten schwarzen Haaren die ihn weise schienen ließen und der Anzug stand ihm ausgesprochen gut.
„Ja.“, entgegnete Nova. Ihr Vater hatte gerade gesagt, dass sie so hieß, hatte der Kerl etwa nicht zugehört? „Warum?“
„Nur so.“, antwortete Mr Wulfric und lächelte, dann neigte er sich zu ihr hinunter. Er war riesig, fast schon zu groß, aber trotzdem kein Grund sich zu Nova zu beugen als wäre sie ein kleines Mädchen. „Bist du zufrieden mit deiner neuen Schule? Headington ist eine großartige Schule, wir arbeiten seit Jahren mit der Schule zusammen und viele Schülerinnen von dort gehen nachher auf unsere Universität. Wir bieten Kurse an, es gibt verschiedene Nachmittagsprogramme die sowohl von unseren Studenten als auch von den Schülerinnen der Headington Schule genutzt werden. Ich bin mir sicher du wirst dich dort leicht einfinden.“
„Die Schule ist ganz nett.“, gab Nova zu und verschränkte die Arme vor der Brust, dann kam sie einen Schritt näher und zwang Mr Wulfric dazu sich wieder aufrecht hin zu stellen, da sich sonst ihre Köpfe berührt hätten. „Auch wenn ich noch nicht weiß, ob ich mich da gut aufgehoben fühle, das wird sich zeigen.“
Nova hatte gewiss keine Lust es irgendwem recht zu machen, sie tat das, was ihr gefiel und das würde auch immer so bleiben, und wenn die Schule nichts für sie war, dann sollte es so sein und sie würde auch sicherlich niemandem vorgaukeln, dass es nicht so war.
„Das freut mich“, schaltete sich jetzt auch der andere Mann ein und lächelte ebenfalls. Er hatte das selbe, nervige Lächeln wie Mr Wulfric, und Nova befürchtete, dass auch das ihres Vaters bald so aussehen würde, wenn er von der Gesellschaft der Anzugträger eingesogen würde. Dann wandte sich Mr Peech wieder zu Steve. „Das finanzielle klären wir am Montag, wir erwarten Sie um 10 Uhr, nachdem Sie Ihre Tochter weggebracht haben.“
„Ich freue mich.“, sagte Steve lächelnd und streckte die Hand aus um die von Mr Wulfric und Mr Peech zu schütteln. Norman tat es ihm gleich. „Bis Montag dann! Sie finden den Weg hinaus selbst?“
Die beiden Männer gingen den Flur entlang und aus der großen Haustür vor der die Möbelpacker mit dem letzten Möbelstück, einem alten Sofa das Jesus persönlich wahrscheinlich das erste mal probegesessen hatte, das sie gekonnt balancierten und dann im Wohnzimmer abstellten.
„Das war's.“, sagte ein besonders kräftiger Arbeiter und drückte Steve eine Rechnung in die Hand. „Sie haben eine Woche lang Zeit um das ganze zu bezahlen, wenn Sie das nicht tun kriegen Sie Ärger.“
„Okay ... danke.“, stammelte Steve, überrascht wie unfreundlich der Kerl im Blaumann war und nahm die Rechnung um sie zu betrachten.
„Wir sind dann hier fertig. Schönen Tag noch.“
„Ihnen auch einen wunderschönen Tag, Mister!“, rief Nova ihm hinterher, aber das schien er nicht mehr zu hören. Sie grinte breit und schüttelte den Kopf darüber wie unfreundlich man sein kann. „Und dafür kriegt der auch noch Geld. Sowas ist doch unerhört.“
„Vielleicht macht er den Job nur weil er Geld braucht?“, entgegnete Steve und fuhr Nova mit einer Hand durch die Haare, sodass sie zu allen Richtungen abstanden. „Du solltest dich nicht immer über die Leute lustig machen. Das kann dir auch mal passieren.“
„Dad, ich kann doch gar keine Sofas tragen, dafür habe ich gar nicht genug Kraft.“, witzelte Nova und rannte dann um den Herd der auf einer Arbeitsfläche mitten in der Küche platziert war. Dann lief sie die Treppen hinauf und zurück in ihr Zimmer, in dem sie schon so gut wie alles an die richtigen Stellen geschoben hatte, was sie ziemlich viel Kraft gekostet hatte. Vielleicht hätte sie sehr wohl die Möglichkeit als Möbelpackerin zu arbeiten? Aber so unfreundlich wollte sie nicht enden, den Gedanken schlug sie sich sofort wieder aus dem Kopf.
Als letztes stellte sie das Bild ihrer Mutter neben sich auf den Nachttisch und legte sich dann auf das Bett. Sie hatte ganze vier Stunden damit verbracht ihre Sachen einzuräumen und dabei schien es, als hätte sie gar nichts. Das Zimmer war nicht groß, aber größer als ihr altes auf jeden Fall. Die Wände waren in einem schönen Fliederton angestrichen, weiße Schränke standen schon an den Wänden bevor sie eingezogen war, das einzige was sie mitgebracht hatte war eine Kommode, dementsprechend hatte sie auch nicht genug Sachen um alles auszufüllen, aber sie würde sowieso niemand zu Hause besuchen, weil sie nie da sein würde, außer am Wochenende, und da waren all die anderen Internatsschülerinnen auch bei ihren Familien, oder blieben in der Schule.
Draußen wurde es immer dunkler und ein kleines Unwetter zog auf. Regen und Wind, ein wenig Donner und Blitze. Die Äste schlugen gegen Novas Fenster und es war viel zu laut um zu schlafen, also machte sie sich auf den Weg in den Keller, vielleicht waren in den ein oder anderen Kisten ja noch Sachen die sie sich ins Zimmer stellen könnte, Bücher oder ein paar der Puppen, die ihre Mutter früher gesammelt hatte, die sich gut auf dem weißen Schrank machen würden. Die Treppe gab Geräusche von sich, als sie die Stufen hinunter schlich, ihr Vater war längst in seinem Zimmer und schlief, er hatte mit Norman alle Möbel im Haus richtig gerückt und sich dann zur Ruhe gelegt, dass er bei dem Lärm schlafen konnte war für Nova unverständlich, aber vielleicht hatte er keine Bäume vorm Fenster die fast die Scheibe einschlugen.
Der Keller hatte mehrere Räume. Einen Heizungskeller, einen Waschkeller und einen Stauraum in dem die Boxen und Kartons standen die Sachen beherbergten die niemand zu brauchen schien. Mehrere Sätze von Geschirr die Novas Mutter von ihren Reisen mitgebracht hatte, wenn sie mal wieder einen Mandanten aus einem anderen Land vertreten musste, dann in einem karton die alten Puppen von Novas Mutter die sie gesucht hatte und in der hintersten Box schienen Bücher zu sein, aber die Box war verschlossen und stand ganz unten, sodass es schwer war sie zu erreichen. Nova sah sich um und suchte nach etwas, das sie benutzen konnte um das Schloss aufzubrechen, vielleicht sogar irgendwo das Schlüsselset, das zu dem Schloss gehörte. Beim Umdrehen stieß sie eine Box mit verschiedensen Zuckertütchen um, ebenfalls von den vielen Reisen die Rose Morse gemacht hatte, aber die Tüten kamen lautlos auf dem Boden auf, sodass es unmöglich war, dass Steve aufwachte. Dann fand Nova endlich das, was sie suchte. Ein kleiner Seitenschneider in der Werkzeugbox ihres Vaters, ob sie kräftig genug war das Schloss aufzubrechen wusste sie allerdings nicht. Vorsichtig setzte sie an. Ohne zu drücken machten die scharfen Kanten des Schneiders schon Kratzer in das harte Material, also war es wohl nicht so kräftig wie es aussah. Nova drückte die Klingen mit aller Kraft zusammen und das Schloss sprang auseinander, ein Teil davon landete in der anderen Ecke, die zweite Hälfte fing sie mit der Hand auf, sodass sie keine Geräusche verursachte. Vorsichtig sammelte sie das Schloss wieder auf, legte den Seitenschneider zurück in die Werkzeugkiste und stellte diese dann verschlossen zurück in ihre Ecke, bevor sie sich an die Box machte. Darin lagen ziemlich alte Bücher die zum Teil schon auseinander fielen. Nova blätterte sie durch, es waren Romane, Krimis und ein Buch von einer der bekanntesten Kabarettistinnen des Landes. Unter all den Büchern lag aber ein anderes, das Novas Interesse am meisten auf sich zog. Es war grünlich, und Zeichnungen von kleinen Menschen, Feen und Bäumen mit Gesichtern waren darauf abgebildet, umringt von Goldschnüren die sich über das ganze Buch schlangen und kein Ende fanden.
Nova schlug es auf ... aber die Seiten waren leer.
Sie waren nicht mehr weiß sondern schon ziemlich gelblich, wahrscheinlich weil sie auf dem Dachboden, wo sie zuletzt standen, zu oft der Sonne ausgesetzt waren, da das Dach vor einiger Zeit kaputt gegangen war.
Nova blätterte immer weiter, aber auf keiner der Seiten stand etwas. Sie waren alle leer, die ein oder anderen sahen angefressen aus, vielleicht von Mäusen oder sonstigen Tieren, die es sich oben auf dem Dachboden gemütlich gemacht hatten, über die Winterzeit. Erst als sie das Buch zum zweiten mal durchblätterte bemerkte Nova, dass auf der Innenseite des Deckels in goldenen Lettern ein Text stand. Nicht groß, aber wunderschön und verschnörkelt, es sah aus als wäre er mit Hand gemalt worden.
„Schreib in mich und du wirst seh'n, es werden Wunder dir gescheh'n.“, murmelte Nova und fuhr mit zwei Fingern über die Schrift. Was das wohl zu bedeuten hatte? Vielleicht hatte ihre Mutter das Buch von einer ihrer Reisen mitgebracht? Sie war mehrmals in Schottland gewesen, die Schotten glaubten auch immernoch an ihr Seeungeheuer, vielleicht dachten sie dann auch daran, dass Sachen aus Büchern plötzlich zum Leben erscheinen? Nova wollte das Buch zurück legen, aber es wollte nicht in die Box fallen. Egal wie sehr Nova es rein drücken zu versuchte, es war als umgäbe eine unsichtbare Gummischicht die Box, an der das Buch immer wieder abprallte. Nach einiger Zeit war Nova die ganze Sache zu bunt und sie steckte sich das Buch unter den Pullover, sodass ihr Vater ihr das Buch auf keinen Fall wegnehmen konnte. Dann nahm sie die restlichen Bücher als der Box, in die sie mit ihrer Hand aus irgendeinem Grund immernoch hineingreifen konnte, und ging aus dem Keller, die Treppen hinauf und zurück in ihr Zimmer wo sie die Box vorerst unter ihr Bett stellte.
Die letzten Tage der Ferien vergingen und Nova fiel nichts ein, das sie in das Buch schreiben könnte, deshalb beschloss sie es am ersten Schultag mitzunehmen, vielleicht würde ihr im Internat ja etwas einfallen. Sie könnte es als Tagebuch benutzen, dachte sie immer wieder, aber woher könnte sie wissen, dass es nicht heimlich jemand liest? Das Tagebuch hatte kein Schloss, sodass es für jeden der es lesen wollte zugänglich war.
Während Nova und Steve im Auto zu der Headington Schule für Mädchen fuhren hatte Nova, mehr als je zuvor, das Bedürfnis einfach auszusteigen und zurück zum Grab ihrer Mutter zu laufen. Es hatte ihr in den letzten Wochen nicht mehr allzu weh getan, da sie sich nach langer Zeit endlich wieder mit ihrem Vater verstanden hatte, aber jetzt fiel ihr erst auf, wie weit sie von ihrer Mutter entfernt war und das tat ihr weh.
Vor dem Gebäude standen noch viele andere Autos, unzählige Schülerinnen kamen, in ihren blauen Blazern, den blauen Röcken und dem blauen Pullover, die Wege entlang die zum Haupteingang führten. Steve kramte Novas Sachen aus dem Kofferraum und drückte ihr dann einen Rucksack in die Hand den sie schulterte. Dann gab Steve ihr einen kleinen Stoß und führte sie immer weiter in Richtung Eingang. Doch vor dem Eingang stand schon eine Frau mit einem Schild auf dem „Neue Schülerinnen“ stand.
„Schau mal, die warten schon auf dich.“, sagte Steve lächelnd und deutete auf das Schild dem sie sich näherten.
„Da steht Schülerinnen, das ist Mehrzahl, Dad. Die warten nicht nur auf mich. Ich bin doch eh Quereinsteigerin, die warten wohl eher auf die Kleinen.“, entgegnete Nova leise und ließ sich von ihrem Vater mitziehen, in Richtung der älteren Dame die hinter dem Schild stand.
„Guten Tag!“
Ihre Stimme war so laut, dass die ganze Schule bemerkt haben musste, dass jemand neues angekommen ist. Nova sah sich um und wischte sich schnell den Pony ins Gesicht, um nicht erkannt zu werden.
„Hallo, mein Name ist Steve Morse, das hier ist meine Tochter Nova. Wir hatten uns vor ein paar Wochen mit Miss Coombs unterhalten, meine Tochter geht ab diesem Jahr in die untere Sechste.“
„Nova Morse, richtig?“, fragte die Frau, immernoch voller guter Laune. „Ja, darüber hat man mich informiert. Wenn ich Sie bitten dürfte hinein zu gehen, dort wartet die Zimmernachbarin Ihrer Tochter, Kelly. Sie wird Sie ansprechen!“
„Alles klar, vielen Dank.“, bedankte sich Steve und er und Nova gingen zum Haupteingang. Normalerweise musste man einen Code eingeben, aber an diesem Tag war die Glastür geöffnet. Nova sah sich erstaunt um. Ihre Schule im Dorf war nichts gegen das prachtvolle Gebäude. Holztafeln mit den Namen der erfolgreichsten Schulabgänger der, wie es aussah, letzten 300 Jahre hingen an der Wand, in goldenen Buchstaben. Alles war viel größer als bei Novas alter Schule und es hatte etwas magisches an sich. An den Wänden hingen die Arbeiten der Schülerinnen. Eine Collage über die europäischen Länder, Fotos einer Klasse die in Frankreich auf Klassenfahrt war ... die Eltern der Schülerinnen mussten unmengen Geld haben um den Kindern all das erlauben zu können. Nova war sich nicht sicher, ob sich ihr Vater das auch leisten könnte, er hatte ihr noch gar nicht erzählt wie viel Geld er verdienen würde und eigentlich wusste sie auch gar nicht genau was er bei der neuen Arbeit jeden Tag machen musste, sie wusste nur, dass es Spaß macht und die Kollegen nett seien, das erzählte Steve zumindest jeden Abend nach der Arbeit.
„Bist du Nova?“, hörte Nova plötzlich eine Stimme hinter sich und wirbelte herum. Ein Mädchen, etwas kleiner als sie, bildhübsch und mit dunkelblonden Locken stand hinter ihr und lächelte sie an. Nova nickte. „Ich bin Kelly, freut mich. Wir zwei teilen uns ein Zimmer.“
Oh Gott. Mit der Grinsebacke musste Nova sich ein Zimmer teilen? Na das konnte ja heiter werden. Sie schien gar nicht mehr auf zu hören mit grinsen, als wäre ihr Gesicht so festgeklebt worden, dass ihre Wangen ständig nach oben zeigten.
„Ich bin Nova, hi.“, antwortete Nova nur und schüttelte Kellys Hand, die sie ihr die ganze Zeit hinhielt.
„Wir sind in Celia Marsh, das ist unser Wohnhaus. Wenn du mitkommst, dann zeig ich dir wo es lang geht.“
Nova drehte sich hilfesuchend zu Steve um.
„Schaffst du das allein?“, fragte er nur und stellte die Koffer ab. „Ich muss noch etwas besorgen und dann zur Arbeit. Ich bin lieber zu früh da, als zu spät.“
Nova wollte wiedersprechen, aber Steve drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und fuhr ihr durch die Haare, dann ging er aus der Tür und lief zum Auto, als dachte er Nova würde jeden Moment in Tränen ausbrechen und ihn umarmen, wie ein kleines Kind das am ersten Tag vom Kindergarten nicht will, dass sein Daddy geht.
„Wir sehen uns dann am Wochenende.“, murmelte Nova und richtete den Blick wieder auf Kelly.
„Lass uns gehen. In einer halben Stunde fängt der Unterricht an, und wir sind besser pünktlich. Mr Ferro ist zwar nett, aber er hasst es, wenn man zu spät kommt. Wir wohnen schon auf dem Gelände, da sollte man immun sein gegens zu spät kommen sagt er immer.“
Kelly redete und redete, sie schien gar nicht mehr drauf zu achten wo sie eigentlich hin lief, aber trotzdem kamen sie irgendwie am Wohnhaus an. Das Gebäude war von innen genauso groß wie es von außen schien, es liefen viele Mädchen herum, die einen mit Büchern in der Hand, die anderen noch in Schlafanzug, wahrscheinlich weil sie verschlafen hatten. Kelly und Novas Zimmer war auf der ersten Etage, etwas am Ende des Ganges, es gab nur noch ein Zimmer nach ihrem und in dem saß ein Mädchen, nur in BH und ein Typ neben ihr auf dem Bett. Kelly lugte ins Zimmer und deutete Nova an die Tür aufzuschließen, damit sie ihre Sachen schonmal in das Zimmer von sich und Kelly bringen konnte. Während sie den Koffer auf dem Bett leerte hörte sie Kellys helle Stimme im Nebenzimmer.
„Bist du verrückt? Harnore, du machst es uns allen kaputt, wenn du die ganze Zeit die Regeln brichst! Dann darf irgendwann keine von uns mehr raus, und auch keine Jungs mehr in unsere Zimmer. Hat er etwa hier geschlafen? Ich muss das irgendwann melden, ich hoffe das ist dir bewusst.“
Ein lautes „argh“ war zu hören, dann kam Kelly ins Zimmer gestampft und ließ sich auf ihr Bett fallen.
„Was ist denn los?“, fragte Nova und sah sie an.
„Harnore.“, seufzte Kelly und fuhr sich durch ihre perfekt sitzenden Haare. „Sie liebt es die Regeln zu brechen. Sie stellt nur Unfug an, um ehrlich zu sein! Aber niemand hat den Mut es ihr zu sagen, sie flippt schnell aus, weißt du? Man sollte sich besser nicht mit ihr anlegen. Aber ich bin Vertrauensschülerin, deshalb ist es meine Pflicht solche Fälle zu melden, auch wenn ich mich bei Harnore zurück halte! Sie kann eine gute Freundin sein, aber meist stellt sie nur Unfug an, das kann sie den Rauswurf kosten. Aber Harnore interessiert das sowieso nicht, also ... irgendwann bekommt sie schon was sie verdient.“
„Du bist Vertrauensschülerin?“, entgegnete Nova und ließ sich ebenfalls auf ihr Bett fallen. Sie hatte nur die Schulsachen herausgeräumt, den Rest würde sie später in den Schränkten verstauen. „Seit wann gehst du auf die Schule?“
„Ich bin mein ganzes Leben hier.“, antwortete Kelly und lächelte. „Seit der Grundschule bin ich schon hier. Die Grundschule ist gleich nebenan, also wunder dich nicht, wenn hier mal ein paar kleine Kinder herumlaufen, die teilen sich die Mensa mit uns, den Essensraum, die haben in unseren Gebäuden Musikunterricht und unsere Bibliothek und den Leseraum dürfen sie auch mitbenutzen.“
„Warum haben die keine eigene Schule?“
„Ich weiß es nicht. Die Lehrerinnen die die Kleinen unterrichten sind größtenteils auch von unserer Schule, also ... gehören sie halt dazu, die sind die selbe Schule wie wir, es ist ja nicht so als wäre das eine komplett andere Schule!“, erklärte Kelly. Plötzlich stand sie auf und setzte sich neben Nova aufs Bett. Sie zog das Buch aus dem Koffer, das Nova im Keller gefunden hatte und bewunderte es einen Augenblick lang. „Wo hast du das her?“, fragte sie und öffnete es, aber Nova nahm es ihr schnell aus den Händen, sodass sie den komischen Spruch auf der Innenseite des Buchdeckels nicht lesen konnte. Nova wusste selbst noch nicht was das zu bedeuten hatte und niemand sollte es vor ihr wissen, erst wenn sie es ausprobiert hatte durften auch die anderen wissen, was es damit auf sich hat ... falls es überhaupt eine Erklärung dafür gab. „Das sieht ziemlich wertvoll aus, wenn du mich fragst.“
„Ich habe es im Keller gefunden, es war in einer Box. Ich habe nach Sachen gesucht die ich in mein Zimmer stellen könnte, weil der Schrank so leer war. Bücher, alte Puppen ... sowas habe ich gesucht! Und dann lag das Buch mit in einer der Boxen der Bücher. Aber es sieht nicht mehr ganz stabil aus, deshalb lasse ich es lieber erstmal hier drin liegen. Vielleicht zeige ich es dir ja mal, ich hatte vor mit jemandem zu reden der sich mit sowas auskennt! Mit Büchern, weißt du? Jemand der mir vielleicht sogar sagen kann wie alt das Buch ist.“
„Ja, ich verstehe.“, sagte Kelly und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr, die mit einem kleinen Diamanten verziert war. Die Familie musste Unmengen Geld haben, Kelly hatte perfekte Sachen in ihrem Schrank hängen, einen Diamanten auf der Uhr und wer wusste aus welchem Material die Ohrringe gemacht waren? „Zieh dir aber besser schnell die Schulkleidung an, wir müssen in sieben Minuten beim Unterricht sein. Ich denke es reicht, wenn du erstmal nur die Hefte und Stifte mitnimmst, Bücher bekommst du entweder gleich oder nach dem Unterricht, Mr Ferro wird dir schon sagen, was zu tun ist. Er leitet die Bücherausgabe!“
Nova stand auf. Für einen Moment lang schien es so, als könnte sie sich tatsächlich mit Kelly verstehen, auch wenn das Grinsen immernoch auf ihrem Gesicht lag, aber das musste sie wohl in Kauf nehmen. Schnell hatte sie die Schuluniform an ... jetzt sah sie aus wie all die typischen Schulmädchen. Ihre alte Schule hatte auch Uniformen, aber in einer besseren Farbe und nicht so langweilig und ernst wie die Uniform der Headington Schule. Trotzdem akzeptiere sie es und machte sich, mit Kelly, und die Schulsachen auf dem Arm, auf den Weg zu den Unterrichtsräumen. Das erste Fach war Mathematik, damit hatte sich Nova noch nie wirklich anfreunden können. Sie war nicht schlecht, aber im letzten Jahr hatte sie viel vom Unterricht verpasst, auch wenn sie sich vieles größtenteils selbst beigebracht hatte, wenn sie mit ihrer Mutter gelernt hat.
Mr Ferro war tatsächlich nett. Er war schon etwas älter, aber nicht über 50. Sein braunes Haar war von glänzenden, grauen Strähnen durchzogen was ihn nur noch weiser schienen ließ, er erinnerte Nova ein wenig an einen der Chefs ihres Vaters, den Namen hatte sie vergessen. Während Mr Ferro etwas erklärte sah Nova sich um. Ihr Blick fiel auf ein paar Bäume die durch das kleine Fenster an der Seite zu sehen waren. Als Nova den Hals ein wenig streckte konnte sie sehen, dass zu den Bäumen ein ganzer Wald gehörte, der ziemlich ausgebreitet aussah.
„Nova?“, schallte plötzlich eine Stimme in Novas Kopf und sie drehte den Kopf schnell zu Mr Ferro. „Tut mir Leid, wenn ich dich störe. Kannst du mir vielleicht sagen wie du diese Aufgabe lösen würdest?“
An der Tafel standen ein paar Zahlen und Buchstaben, ein Dreieck war aufgezeichnet, es fehlte ein Winkel, die Seiten waren vorhanden. So eine einfache Aufgabe hätte Nova selbst ohne Matheunterricht lösen können.
„Durch die Innenwinkelsumme.“, antwortete Nova und ging zur Tafel, um die Rechnung hinzuschreiben. „In einem Dreieck sind die Winkel immer 180°, zusammen meine ich. Das bedeutet, wenn wir 31° und 52° von 180° abziehen, dann bleiben noch 97° für den Winkel da oben übrig.“
Sie legte das Stück Kreide wieder zurück in die dafür vorgesehene Schachtel und Herr Ferro sah sie an.
„Da hast du ja nochmal Glück gehabt.“, sagte er und lächelte. Dann schrieb er etwas in sein kleines Notizheftchen. „War das schon ein Thema in deiner alten Schule?“
„Ich weiß es nicht, Sir.“, entgegnete Nova. Sie wusste es wirklich nicht, sie hatte nur einmal in einem der Bücher die sie während der Stunden am Grab ihrer Mum gewälzt hatte davon gelesen und es sich gemerkt.
„Wie meinst du, du weißt es nicht? Hast du so wenig aufgepasst?“
„Nein, ich war in den letzten Monaten nicht in der Schule, Sir.“, entgegnete Nova wieder.
Ein Flüstern ging durch die Klasse und alle Blicke richteten sich auf Nova. Ein unangenehmes Gefühl.
„Was meinst du damit, du warst nicht in der Schule?“, fragte Mr Ferro und ließ sich auf dem Stuhl am Lehrerpult nieder.
„Ich habe mit meiner Mutter gelernt, an ihrem Grab.“
Die Mädchen verstummten und Herr Ferro rutschte mit dem Ellbogen vom Pult ab. Das hatte er scheinbar nicht erwartet.
„Oh.“, brachte er nur hervor und sah Nova an, aber sie neigte den Kopf zum Boden und betrachtete lieber ihre Schuhe. „Das tut mir Leid.“
„Können wir nicht weiter machen?“, warf Kelly plötzlich ein und erhob sich etwas. „Wir können das ganze doch noch wann anders klären. Offensichtlich möchte Nova nicht darüber reden, also lassen wir sie.“
Mr Ferro stand wieder vom Pult auf und ging zurück zur Tafel. Auch die Blicke der Mädchen wandten sich ab, aber das Getuschel blieb.
Das war kein guter Anfang, dachte Nova und seufzte leise während sie sich vorsichtig eine Träne von der Wange wischte, ohne, dass es jemand bemerkte. Es kann nur besser werden.
Der erste Versuch
Nach dem Unterricht ließ Nova alles stehen und liegen und machte sich auf den Weg an die frische Luft. Niemand folgte ihr, aber das war ihr nur recht. Sie sah sich um, überall kamen ihr Mädchen entgegen, alle sahen gleich aus, mit einem Pferdeschwanz oder offenen Haaren, die aber alle gelockt waren. Ein komisches Gefühl, plötzlich nur Mädchen um sich zu haben. Vorsichtig drängte sie sich an den Mädchen vorbei und ging auf die Grünfläche zu. Sie hatte zehn Minuten Zeit, bis um 9.45, dann würde der Unterricht fortgesetzt werden, und als nächstes Fach war Geschichte dran, vielleicht hatte sie da mehr Glück. Während sie ging bemerkte Nova nicht, dass sie sich dem Wald immer weiter näherte, bis sie plötzlich direkt davor Stand. Der Wald war tief und dunkel, die Baumkronen ließen nur hier und dort mal einen Sonnenstrahl durch, ansonsten war alles dunkel. Ein paar Vögel flatterten umher, vielleicht waren es auch Fledermäuse, das war schwer zu sagen. Tief im Wald war etwas, das aussah wie ein großer Felsen. Nova wollte sich grad auf den Weg in den Wald machen, auf ihrer Uhr waren es noch drei Minuten bis zur Pause, als plötzlich jemand hinter ihr rief „komm zurück, Nova!“. Sie drehte sich um und sah ein Mädchen aus ihrem Klassenraum, das sich aus dem Fenster lehnte.
„Warum?“, fragte Nova mit lauter Stimme und sah sie an.
„Wir dürfen nicht in den Wald, während des Unterrichts!“, antwortete das Mädchen. „Tu's einfach!“
Nova trat einen kleinen Ast weg und ging dann zurück zum Gebäude. Sie gab den Code ein und spazierte zurück ins Klassenzimmer, doch vor der Klasse stieß sie mit jemandem zusammen und im nächsten Moment flogen ihr mindestens zehn Zettel und zwei Bücher um die Ohren.
„Das tut mir so Leid.“, schrie Nova und sammelte sofort die Zettel auf dem Boden auf. Als sie wieder aufsah bemerkte sie, dass vor ihr ein erwachsener Mann stand, normal gekleidet, etwas längere Haare die er lässig gekämmt hatte. Wenn er der Geschichtslehrer war, dann wollte Nova auf keinen Fall länger an der Schule bleiben.
„Du musst Nova sein?“, fragte der Kerl und reichte ihr die Hand. „Ich bin Riley Carren, freut mich.“
„Sind Sie der Geschichtslehrer?“
Nova kreuzte die Finger hinterm Rücken, um ein „nein, bin ich nicht“ zu hören, aber es half nichts.
„Ja, genau der bin ich.“, antwortete Mr Carren und lächelte.
Verdammt. Nova biss sich auf die Unterlippe und sah ihn dann an. Sollte sie jetzt weglaufen? Oder einfach cool bleiben und ihm zeigen, dass ihr das nicht peinlich war, auch wenn sie am liebsten im Boden versinken würde. Einen Augenblick lang starrten sich die beiden an, dann spürte Nova eine Hand und wurde ins Klassenzimmer gezogen. Es war das Mädchen, das sie eben zurück ins Klassenzimmer geordert hatte. Nova ließ sich nieder und vergrub das Gesicht unter ihren Haaren, damit der Lehrer nicht sehen konnte sie schrecklich sie sich fühlte.
„Das ist doch nicht schlimm.“, flüsterte Lauren, das Mädchen das neben Nova saß, den ganzen Unterricht über und tätschelte ihr den Rücken. „Was glaubst du wie oft wir uns alle schon blamiert haben? Wir sind Mädchen, bei uns ist das nunmal so.“
„Aber doch nicht gleich am ersten Tag.“, flüsterte Nova zurück und fuhr sich durch die Haare, die trostlos an ihrem Kopf herunterhingen. „Vor allem sieht der auch noch so unnormal gut aus, für einen Lehrer. Und ich blamiere mich vor ihm.“
„Dafür bleibst du jetzt immer in seinem Gedächtnis.“, sagte Lauren lächelnd und nahm Nova in den Arm.
Die Mädchen waren viel netter, als sie gedacht hatte. Für sie war es klar gewesen, dass es an einer Mädchenschule nur Zickereien gab, Streit untereinander, wer besser aussah oder wer das beste Make-Up trug, wer den neusten Klatsch hatte, woher sie all die Informationen hatte und warum sonst niemand etwas davon wusste.
Der Tag wurde nicht mehr besser, aber auch nicht schlechter, was eigentlich sowieso so gut wie unmöglich war, zumindest in Novas Augen. Dafür hatte sie in jedem Unterricht mindestens eine Antwort und meldete sich, auch wenn manchmal die Antworten nicht mit ihren übereinstimmten, aber die Hauptsache war, dass sie sich meldete, so hatte es zumindest ihr Vater immer gesagt.
Um drei Uhr waren alle Stunden beendet, und Nova konnte sich auf ihrem Zimmer ins Bett legen. Pausenlos klopfte es an der Tür, es waren alle möglichen Mädchen die sie willkommen heißen oder mit ihr reden wollten, Kelly saß am Schreibtisch und las ein Magazin, sie schien nur mit halbem Ohr zuzuhören. Hausaufgaben hatten sie keine bekommen, vielleicht weil die Stunden 60 Minuten waren und man viel mehr machen konnte, anstatt nur 45 Minuten, wie an Novas alter Schule. Dafür hatten sie den Nachmittag jetzt frei und konnten an den Nachmittagsprogrammen teilnehmen, sie konnten in die Bibliothek gehen und sich dort ein paar Bücher anschauen ... oder Nova konnte sich auf den Weg in den Wald machen!
Nachdem alle Mädchen weg waren und Nova und Kelly ihr Zimmer wieder für sich hatten ging Nova auf ihren Koffer zu, der neben dem Schrank stand, und machte ihn auf um das Buch aus dem Keller heraus zu holen.
„Wo willst du hin?“, fragte Kelly als Nova einen Pullover aus dem Schrank holte.
„Ich will jetzt endlich mal raus in den Wald.“, antwortete Nova und zog sich den Pullover über den Kopf. Ihre Haare standen zu allen Richtungen ab, deshalb band sie sie mit einem Zopfgummi zusammen. „Ich dachte nach dem Unterricht darf man das?“
„Klar darfst du das, aber geh nicht zu weit rein! Es gibt Leute die haben nicht mehr rausgefunden, und da drinnen hat man keinen Handyempfang.“
„Ich werd schon aufpassen, ich kann mir ja eine Spur legen, dann finde ich auf jeden Fall wieder zurück.“, witzelte Nova und versteckte das Buch, mitsamt Stift, unter ihrem Pullover, damit niemand sie fragen würde, was das für ein Buch sei, auf dem Weg nach draußen. „Bis später dann.“
Langsam machte sie sich auf den Weg in den Wald, auf der Suche nach dem Felsen den sie vom Schulgebäude aus gesehen hatte. Er schien nicht da zu sein, wo sie suchte, deshalb mache sie sich in eine etwas andere Richtung auf, bis sie ihn endlich fand und dort ihre Sachen ablegen konnte um auf den Felsen zu klettern. Was der Fels mitten im Wald machte war ihr nicht ganz bewusst, aber sie wollte sich auch nicht länger damit befassen. Das Buch auf dem Schoß, den Stift in der rechten Hand schlug sie das Buch auf und betrachtete die leeren Seiten wieder einen Moment lang.
Schreib in mich und du wirst seh'n, es werden Wunder dir gescheh'n, schwirrten die Wörter durch Novas Kopf und sie betrachtete die Goldschrift eine Weile lang, dann setzte sie den Bleistift an und begann zu schreiben. Das einzige was ihr in den Sinn kam, war eine kleine Geschichte. Es war nicht viel, aber es sollte sicherlich reichen um zu sehen, was es mit dem Buch auf sich hatte. Sie griff den Text völlig aus dem Zusammenhang, es gab keine Vorgeschichte, trotzdem wollte Nova darüber schreiben.
Das Mädchen saß im Wald, schrieb sie, aber nichts passierte. Ohne eine Freundin. Es gab viele Leute die mit ihr reden wollten, aber niemand der sich wirklich für sie interessierte. Mochten sie alle nur, weil sie die Neue war? Mochten sie das Mädchen, weil sie nett zu ihr sein mussten? Um gute Noten und Bewertungen für das Sozialwesen zu bekommen? Eine Menge Fragen, aber für keine hatte das Mädchen eine genaue Antwort. Es geschah immernoch nichts. Während sie dasaß, auf dem Felsen und allein hörte sie plötzlich Geräusche hinter sich. Undeutlich, ein Rascheln. Dann wurde das Rascheln lauter, und plötzlich saß ein kleines, graues Eichhörnchen direkt vor ihr. Nova sah sich um, aber es war nichts. Dann ließ sie den Stift fallen, ein Schreck hatte sie durchfahren. Vor ihr, direkt an ihren Füßen, saß ein kleines, graues Eichhörnchen, fast so grau wie der Fels es an manchen Stellen noch war. Nova beugte sich um den Stift aufzuheben, aber das Eichhörnchen war schneller. Es packte den Stift mit seinen kleinen Pfoten und kletterte dann an dem Fels hinauf um Nova den Stift wieder auf den Schoß zu legen. Sie wusste nicht was sie davon halten sollte, aber trotzdem versuchte sie es weiter. Vielleicht war das Eichhörnchen ein Zufall? Was konnte ein blödes, altes Buch schon ausrichten? Es gab keine Magie, das war nicht möglich! Es hatte Beweise gegeben, dass es keine Magie gab, all die Zauberkünstler waren Betrüger, ihre Tricks wurden entlarvt, allesamt! Nova setzte an: Das Eichhörnchen näherte sich ihr vorsichtig, es kletterte an ihr herauf, so wie es Eichhörnchen gern taten. Doch dann, ganz plötzlich, war ein weiteres Geräusch zu hören. Eine Stimme. Wieder ließ Nova den Stift fast fallen, als sie plötzlich hinter sich eine Stimme hörte.
„Quil!“, rief die Stimme. „Quil, wo steckst du? Komm her, komm zurück!“
Nova erhob sich von dem Felsen und ließ das Buch dort liegen, das Eichhörnchen saß immernoch auf ihrer Schulter und hielt sich an ihrem Ohr fest. Plötzlich kam eine Gestalt aus dem Dunkel hervor getreten. Es war ein Mann. Er hatte dreckige, dunkelblonde Haare, war viel größer als Nova und hatte einen Trenchcoat an. Seine Sachen waren kaputt, aber das schien ihn nicht zu stören. Unter dem Trenchcoat trug er einen blauen, alten Pullover und eine alte Stoffhose, die mittlerweile durch all den Dreck und Schmutz die selbe Farbe angenommen hatte wie der Trenchcoat, grün-braun. Die Haare waren leicht gelockt und hingen ihm etwa bis zum Nacken.
„Quil, da bist du ja!“, rief er erfreut und stürmte auf Nova zu. Sie nahm schnell Buch und Stift und schrieb weiter: der arme Mann aus England näherte sich dem Mädchen nicht, sondern blieb einfach stehen. Plötzlich blieb der Mann stehen, er rührte sich nicht mehr. Ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Lass mich bitte wieder los, ich möchte mein Eichhörnchen holen. Er ist mir weggelaufen, schon vor ein paar Minuten.“
„Das ist Ihr Eichhörnchen?“, fragte Nova und sah ihn an.
„Ja, Quil gehört mir. Schon seit mehr als 15 Jahren! Er lebt endlos lang.“, antwortete der Mann und strich sich die Haare aus dem Gesicht. „Kann ich jetzt bitte mein Eichhörnchen haben?“
„Wer sind Sie?“
„Ich bin ein armer Mann.“, entgegnete der Kerl und sah Nova an. „Du kannst mich zu allem machen was du willst, aber ich bitte dich, nimm mir nicht das Leben wie ich es gewohnt bin! Ich bin gern ein Bettler.“
„Sie sind also ein Bettler?“ Nova sah ihn ungläubig an. „Was ist das für eine Show? Warum kann ich bestimmen was passiert? Ich will doch nur schreiben! Warum sind Sie da? Warum ist das Eichhörnchen da? Woher kommen Sie denn?“
„Das solltest du uns eigentlich erklären können. Schließlich sind wir aus deiner Feder entstanden. Denk nach – warum sind wir hier? Woher kennst du uns?“
„Ich brauche jemanden zum reden.“, murmelte Nova leise und schaut auf das Buch.
„Kennst du mich nicht mehr?“, fragte der Bettler und sah Nova enttäuscht an. „Wir kennen uns schon so lange, Nova. Du enttäuschst mich, und Quil auch.“
Es fiel ihr wie Schuppen von den Augen.
„Mom.“, sagte sie leise und sah wieder zu dem Kerl. „Mom hat mir von einem Bettler erzählt! Sie hat gesagt wenn ich traurig bin, dann soll ich mir ihn vorstellen. Er ist immer für mich da, hat sie gesagt.“
„Deine Mutter war eine kluge Frau.“
„Ich weiß!“, antwortete Nova schnippisch und ging noch einen Schritt zurück. „Woher kennen Sie meine Mutter?“
„Ich hab auch deine Mutter schon begleitet. Mit genau dem selben Buch, Nova. Sie hat mich erfunden ... und hat dir Geschichten über mich erzählt. Jeden Abend, bevor du ins Bett gegangen bist. Immer eine andere! Sie hat nie aufgehört zu schreiben, bis zu ihrem Tod. Aber das Buch hat weitergelebt, also habe ich es auch.“
„Aber das Buch ist leer.“
„Das Buch ist niemals leer! Wenn es einmal beschrieben wird dann speichert das Buch die Geschichte, für immer. Bei dem Tod des Besitzers werden nur die Seiten gelöscht ... jedes Buch, genau wie jedes Tagebuch, hat ein Gedächtnis! Du kannst es niemals löschen.“, erklärte der Bettler und deutete auf seine Füße. „Darf ich mich jetzt bitte wieder bewegen? Ich brauche Quil wieder, er hat mir immer ab.“
Schnell zückte Nova den Stift und begann zu schreiben:
Als das Mädchen erkannte, dass der Mann nicht gefährlich war durfte er sich ihr nähern um sein Eichhörnchen zu nehmen. Es schien ein recht lustiges Kerlchen zu sein das oft entwischte, das Mädchen wollte es nicht verantworten, dass das Eichhörnchen eines Tages womöglich noch irgendwo unter den Rädern landete, weil sein Besitzer es nicht zurück holen konnte.
Der Bettler näherte sich Nova und nahm das Eichhörnchen von ihrer Schulter, dann blieb er vor ihr stehen und betrachtete sie einen Moment.
„Gibt es etwas, worüber du mit mir reden möchtest?“, fragte er.
„Ich weiß es nicht genau.“, antwortete Nova und seufzte leise. „Ich verstehe das alles nicht! Ich meine ... kann die Geschichte leben, auch wenn ich nicht schreibe? Wie kann ich sicher gehen, dass nichts passiert, wenn ich nicht schreibe?“
„Wir sind alle selbstständig!“, begann der Bettler und nahm Nova bei der Hand um sie zu einem umgekippten Baumstamm zu führen, auf dem sie sich niederließen. „Du bist lediglich die führende Hand. Du bestimmst wo wir uns befinden und wer alles dazu kommt, aber wir leben unser eigenes Leben. Sagen wir zum Beispiel du erfindest, wie deine Mutter es damals getan hat,Tiere die sprechen können. Das liegt ganz bei dir, welche Wesen hier leben, welchen Wesen zu begegnest. Aber hüte dich vor den Werwölfen, die Tiere stinken ziemlich und wirklich unter Kontrolle zu kriegen sind sie auch nicht, das erfordet einen Schreiber mit jahrelanger Erfahrung!"
